Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil zur Eigenbedarfskündigung Klarheit geschaffen: Cousinen und Cousins zählen nicht zur engen Familie.
Im vorliegenden Fall hatte eine GbR eine Wohnung in Berlin erworben und eine Eigenbedarfskündigung für einen ihrer Gesellschafter ausgesprochen. Dabei forderte die GbR die Mieter auf, die Wohnung zu räumen, und berief sich auf eine Ausnahme: Die Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1a BGB greift nicht, wenn die Gesellschafter zum Zeitpunkt des Wohnungskaufs derselben Familie angehörten. Unter den Gesellschaftern befanden sich auch zwei Cousins, die aufgrund ihrer engen sozialen Bindung als Angehörige derselben Familie im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angesehen wurden.
Das Amtsgericht Berlin-Mitte wies die Räumungsklage ab, doch das Landgericht Berlin sah das Verwandtschaftsverhältnis als ausreichend an. Der Fall wurde schließlich dem BGH vorgelegt, um für Klarheit zu sorgen. Die Karlsruher Richter stellten in ihrem Urteil fest, dass Cousinen und Cousins nicht zur „gleichen Familie“ im Sinne der Ausnahme in § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB zählen.
Der BGH präzisierte, was unter Verwandtschaftsverhältnissen im Mietrecht zu verstehen ist. Der Begriff der „Familie“, so der BGH, sei vielmehr deckungsgleich mit dem der „Familienangehörigen“ in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dabei gehe es ausschließlich um Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen (gemäß § 383 ZPO, § 52 StPO) zusteht. Entfernte Verwandte – wie Cousinen oder Cousins – gehören nicht zu diesem privilegierten Personenkreis.
Der BGH argumentierte, dass der Gesetzgeber mit der Privilegierung von Familienangehörigen dem Umstand Rechnung tragen wollte, dass innerhalb einer Familie typischerweise ein persönliches Nähe- und Solidaritätsverhältnis besteht, das eine Kündigung zugunsten von Familienangehörigen rechtfertigt. Für welchen Personenkreis dies gilt, hat der Gesetzgeber im BGB zwar nicht konkretisiert, jedoch bei der Einräumung eines Zeugnisverweigerungsrechts aus persönlichen Gründen objektive Kriterien nach dem Grad der familiären Beziehung aufgestellt. Es sei sachgerecht, diese Wertung des Gesetzgebers auch bei der Eigenbedarfskündigung heranzuziehen.
Cousinen und Cousins gehören beim Eigenbedarf mietrechtlich nicht zur engen Familie. Damit wurde das Urteil des Landgerichts aufgehoben und das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt.
(BGH, Urteil vom 10.07.2024 – VIII ZR 276/23)
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